Bericht über das vogelkundliche Seminar im Hotel Silverio 2005

Vom 26.-29. Mai 2005 fand in Gallspach, Oberösterreich, im Hotel Silverio, ein vogelkundliches Seminar statt, organisiert von BOB (Bildung Ohne Barrieren).

Die dreieinhalb Tage waren ein voller Erfolg in jeder Hinsicht: Eindrucksvolle Lausch-Erlebnisse bei sonnig-warmem Frühsommerwetter mit kühlem Morgentau, angenehme Unterbringung mit gutem und reichlichem Essen - auf unsere nette, harmonische Gruppe von 6 Personen wartete ein abwechslungsreiches Programm mit vielen Wanderungen und Spaziergängen, Picknick im Wald, Kutschfahrt und Museumsbesuch.

Jeden Morgen gegen 3.30 oder 4.30 Uhr trafen wir uns vorm Hotel. Am Freitag dem 27.05. fuhren wir gegen 4.15 Uhr zum großen Weikerlsee in den Traun-Donau-Auen.
Im Auwald hörten wir oft den Pirol mit seinem dunkel-weich flötenden Gesang und seinem Kontakt-quäken, und den herrlich (spottenden) Gelbspötter, der unermüdlich und vortrefflich andere Vogelrufe nachahmt und dabei immer wieder eigene, metallisch klingende Rufe einstreut. Am Traun-Ufer rief dumpf gackernd der Gänsesäger, ein seltener Vogel mit scharf "bezahntem" Schnabelrand, etwas größer als eine Stockente. Geführt wurden wir bei unseren morgendlichen Wanderungen von Herrn Rubenser, einem äußerst kundigen Natur- und Vogelexperten aus Reichenau, Oberösterreich. Er vermittelte uns mit seiner lebendigen, sympathischen Art neben dem Gesang auch die Stimmfühlungs- und Warnrufe der Vögel, ihre Lebensweise und ihre Eigenheiten im Verhalten (laufen oder hüpfen, Gaukelflug, hüpfender oder zielstrebiger Streckenflug). Er verstand es gut, unsere Höreindrücke immer weiter zu verfeinern. Bisweilen verdeutlichte er Vogelrufe lautmalerisch (metallische "Däh"-Rufe des Gelbspötters, "vizi-vizi" der Tannenmeise). Man spürte seine Begeisterung und seine Liebe zur Natur und den Vögeln.

Am Samstag Morgen unternahmen wir ab 3.30 Uhr vom Hotel aus einen zweistündigen Rundgang durch Wald und Wiesen, um das Einsetzen der einzelnen Vogelgesänge zu verfolgen: Zuerst erwachte der Hausrotschwanz; er erzeugt beim Singen ein für ihn typisches knirschendes Geräusch, als rieben Kieselsteinchen aneinander.
Wie herrlich, in der Morgenstille solchen "einsamen" zarten Vogelrufen zu lauschen. Nach und nach setzten die Singdrosseln ein mit ihren rhythmischen Wiederholungen, die Rotkehlchen mit hohem, perlendem Gesang, die nachahmungsfreudigen Sumpfrohrsänger, die Kohlmeisen mit gleichförmigen, taktreinen Strophen, dann erwachten
auch die laut flötenden Amseln und die "schwätzenden" Mönchsgrasmücken (Grasmücke oder Grasschlüpfer, mittelhochdeutsch: "smucken" = schmiegen, schlüpfen).
Nach dem Frühstück fuhren wir im Kleinbus in das Örtchen Himmelreich bei Micheldorf, südlich von Gallspach, im Kremstal gelegen. Unter der Leitung von Herrn Rubenser frischten wir zusammen mit einigen Interessenten aus dem Umland die bisher gesammelten Höreindrücke auf.

Der dritte frühe "Ausflug" am Sonntag Morgen führte uns nach einstündiger Busfahrt in den hügeligen Freinberg-Park mitten in Linz, mit altem Waldbestand, dazwischen kleine Wiesenflächen. Hier hörten wir Buntspechte mit aufgeregten Jungvögeln, Waldlaubsänger, Tannenmeisen, Kleiber und viele andere Vögel.
Der Freinberg-Park ist ein wunderbares Beispiel für umsichtige Stadtplanung, die den Lebensraum der Tiere und damit auch das Erholungsbedürfnis der Menschen einschließt.

Zwischendurch im Hotel hörten wir auf CDs die einzelnen Vogelstimmen zur Vertiefung noch einmal nach. Norbert Müller, der dankenswerterweise solche Seminare seit vier Jahren organisiert, bot uns eine hervorragende Auflistung der Stimmen auf den verschiedenen CDs.
Der Leiter des Hotels, Heinz Jaremkof, begleitete uns übrigens zusammen mit seinem 13-jährigen Sohn Martin bei jedem unserer Ausflüge. Er fuhr uns mit seinem Kleinbus zu den genannten Zielen.

Die erste Nachmittagsunternehmung war am Freitag eine Kutschfahrt durchs Grüne und durch die Ortschaften rund um Gallspach mit Einkehr zum Most-Trinken.
Am Samstag Mittag erfrischten wir uns nach längerer Fahrt bei einem Picknick im kühlen Wald, nicht ohne immer wieder die Ohren zu spitzen ... Während der anschließenden Führung durch das vogelkundliche Museum in Aigen-Schlägel im Mühlviertel erfuhren wir viel über die unterschiedlichen Lebensräume unserer Vögel, über ihre Nistmöglichkeiten, ihre Angepasstheit in Gestalt und Verhalten. Wir hielten das halbkugelförmige Nest einer Singdrossel in den Händen, dessen glatter Innenraum stabil, wie mit Pappe ausgekleidet wirkt, danach das viel kleinere, flach muldenförmige Nest eines Mauerseglers, locker aus Halmen geflochten, an ein Mini-Osterkörbchen erinnernd; der Vogel befestigt es an Steinvorsprüngen der Häuser - seine modernen "Felsen". Weiterhin betasteten wir den großen Weißstorch mit seinen langen Beinen und einem kräftigen langen Schnabel, den gedrungenen Rackelhahn, einen kleinen Verwandten des Auerhahns, dessen Füße bis zu den Zehen befiedert sind, und den zarten kleinen Gartenrotschwanz. Wir hörten eine Aufnahme der dumpf und tief rufenden Rohrdommel und erfuhren, dass der Wanderfalke als schnellster Greifvogel im Sturzflug 356 km/h zustande bringt; das Abbremsen vorm Ziel muss er wahrlich gut gelernt haben, damit Krallen und Flügel dieser enormen Belastung standhalten.
Der Museumsdirektor Betz ist selbst aktiv in der Vogelberingung. Er zeigte uns verschiedene Ringe, die an die jeweilige Größe und Beinknochenstärke der Vögel gut angepasst sind. Durch das Auffinden beringter Vögel konnte man nachweisen, dass Rauchschwalben nach der Rückkehr aus der Sahara ihr eigenes Nest wiederfinden, und dass eine Grasmückenart neuerdings in Großbritannien überwintert, anstatt gen Süden zu ziehen. Die Forschung wird hoffentlich klären, ob diese Vogelart durch schädliche Einflüsse wie z.B. Strahlen desorientiert wird, oder ob sie ihnen ausweicht.

Die Vögel haben sich sogar für uns interessiert!

Bei einem Abendspaziergang hörten wir in den Wiesen Fasane mit ihrem heiseren kurzen Krächzen und lautem Flügelschlagen, und dann Kiebitze. Letztere sind Bodenbrüter und schützen ihre Jungen, indem sie sich scheinbar flügellahm fortbewegen oder mit ähnlichem Verhalten auf sich selbst aufmerksam machen und den Feind dadurch vom Nest ablenken. Als wir Menschen nun unbeeindruckt stehen blieben, umkreiste uns aufgeregt rufend ein Altvogel im Flug und beruhigte sich, als wir weiterzogen. Solche Erlebnisse sind einfach unvergesslich!

Insgesamt hörten wir in diesen Tagen in Wald und Flur an die 50 Vögel, von denen viele auch rund um unser Hotel zu finden sind, wie z.B. die Goldammer, die man auf Wiesen und Äckern hört. Sämtliche gehörte Vögel können Sie auch in der Vogelliste nachlesen.
Die wunderbare Gegend bot uns trotz wenig Schlaf gute Erholung; im nächsten Jahr werden wir mit dem Vogelkundler und Landschaftsführer Rubenser die Natur rund um Gallspach erkunden.
Wir möchten uns bei Norbert Müller und Heinz Jaremkof und seiner Mannschaft ganz herzlich für ihr Engagement und ihren Einsatz bedanken und freuen uns schon jetzt auf das nächste vogelkundliche Seminar 2006 im Hotel Silverio.

Monika Häusler