Bericht über das Tontechnik-Seminar 2005

Die Arbeit mit Tönen, Musik und Geräuschen ist von jeher ein Bereich, in dem sich auch Blinde gern betätigen. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Tontechnik müssen sich Sehgeschädigte jedoch immer häufiger der Herausforderung stellen, Sound- und Audiobearbeitung am PC durchführen zu können.
Aus diesen Gründen - und auch, weil im BOB-Umfeld ein kompetenter Kenner der Software für Sound- und Audiobearbeitung bekannt ist - wurde für Oktober 2005 Von BOB Deutschland und Österreich ein Wochenkurs für die Software Soundforge ausgeschrieben; schnell stellte sich wohl heraus, dass das Interesse sehr groß war und daher wurde zügig auf zwei Kurse ausgedehnt. -
So trafen sich also im Oktober 2005 in zwei aufeinander folgenden Wochen Blinde und Sehbehinderte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Hotel Silverio (nahe bei Linz). Ziel war keineswegs die pure Erholung im oberösterreichischen Idyll des Kurortes Gallspach. Nein - die angereisten TeilnehmerInnen kamen mit gespitzten Ohren und großem Lerninteresse, denn Franz Kirnbauer, der auch schon eine Punktschriftanleitung für frühere Soundforge-Versionen erstellt hatte, sollte dem tontechnisch engagierten Publikum beibringen, wie Soundforge funktioniert, wie Blinde es bedienen können und was dabei alles zu beachten ist. - Um es gleich vorwegzunehmen: Der charmante Wiener absolvierte die an ihn gestellten Erwartungen mit Bravour! Hier noch ein paar mehr Infos:
BOB hatte den Kurs nicht nur inhaltlich gut vorbereitet, sondern auch für praktisch alles gesorgt, was EDV-technisch erforderlich sein würde. Für die TeilnehmerInnen standen Rechner und Notebooks bereit, auf denen Soundforge in der aktuell verfügbaren Version sowie mit wichtigen Zusatztools installiert und für die jeweilige Zeile konfiguriert war. Einige TeilnehmerInnen brachten ihre eigenen Braillezeilen mit, andere hatten das Angebot von BOB dankend in Anspruch genommen, mit einer zur Verfügung gestellten Lesezeile zu arbeiten und die netten BOBlerInnen hatten mit Unterstützung diverser PC-Firmen alles herbeigeschafft, was vonnöten war. Auch Soundbearbeitungsbeispiele hatte Franz Kirnbauer vorbereitet, so dass die angereisten Tonleute nach einer kurzen, theoretischen Einführung montags gleich ans Werk gehen konnten.
Kenntnisreich und umfassend konnten wir im Lauf der Seminarwoche das Programm ausführlich kennen lernen, erproben und sogar eigene Soundmitbringsel bearbeiten. Schön war auch, dass Franz Kirnbauer sich als sehr geduldig erwies und so konnten alle TeilnehmerInnen ihr individuelles Lerntempo mit vollem Ergebnisgewinn beibehalten; auch die Gruppe gab Kenntnisse untereinander weiter, es wurde sich gegenseitig weitergeholfen, wenn mal was nicht klappte. Franz betonte immer wieder mal, dass selbst er einiges dazugelernt habe und allgemein herrschte ein freundliches, kooperatives Klima, alle kamen auf ihre Kosten und gute Unterkunft wie Verpflegung rundeten diese Woche so perfekt ab, dass ich letztlich doch von einem schönen Urlaub mit hohem Lernanteil sprechen möchte; als Schmankerl wurde dann auch noch ein Besuch im Landesstudio Linz des ORF draufgepackt, so dass wir moderne Tontechnik live erleben konnten. Dabei waren wir im übrigen schon so sicher mit Soundforge, dass wir nicht neidisch dastehen und uns "außen vor" fühlen mussten - nein, wir konnten souverän feststellen:
Das können wir jetzt auch!
Solch kompetente Kurse gibt es selten, so viel Spaß beim Lernen ebenfalls und ich war wirklich hoch überrascht, dass meine Erwartungen bei weitem übertroffen wurden. Hinzu kommt übrigens noch, dass die Teilnahmegebühr erstaunlich gering war und dennoch qualitativ hohes Niveau angeboten wurde. Da kann sich so manch teurer Computerkurs noch eine Scheibe von abschneiden.
Keineswegs immer stimmt die Regel, dass sich Blinde nur unter ihresgleichen am besten verstanden fühlen und am effektivsten Kenntnis weitergegeben wird; bei diesem Kurs jedoch war es unbedingt so, denn Franz Kirnbauer wusste, wovon er redete, zu wem er sprach und wie er als Blinder anderen Blinden seine Kenntnis vermitteln muss. BOB hat mit diesem Kurs gezeigt, was für Blinde trotz zunehmender Visualisierung in der PC-gestützten Tontechnik alles möglich ist und wer teilgenommen hat, weiß wovon ich spreche - vielen dank im besonderen an Franz Kirnbauer, Claudia Rauch, Gerhard Fink und alle anderen KursteilnehmerInnen. Dank aber auch an das Hotel Silverio, das uns mit leckeren Mahlzeiten ab und an tatsächlich von den Computern weglocken konnte.

Rainer Damerius, Siegen