Bericht über das SBV-Seminar 
25.2. bis 28.2.2008

Da soll es doch Menschen geben, die aufgeregt fragen: „Wo ist er denn nun, der SBV-Seminarbericht für 2008. Immerhin liegen die vier Tage vom 25. bis 28. Februar in Kirkel bei der Arbeitskammer des Saarlandes schon wieder einen Monat zurück“. Da kann ich nur sagen: „ganz ruhig, Brauner“. Und bin damit schon beim ersten Thema bzw. der ersten Referentin. Mit ihr hat unser Heinz-Pit einen guten Griff getan. Martina Kockler heißt sie und sie stand uns am Montag und Dienstag zur Seite, als es um Konfliktbewältigung am Arbeitsplatz ging. Und damit auch diejenigen, die nicht teilgenommen haben, den Insiderwitz verstehen und nicht unwissend sterben müssen: „ruhig Brauner“ sagte Martina immer, wenn sie sich selbst mal kurz zu verzetteln drohte und innerlich nach dem berühmten roten Faden angelte.

Und da Konflikte meist wenig theoretisch, sondern handfest praktisch sind, gab Martina auch nur relativ wenig theoretischen Unterbau, sondern uns gleich schriftliche Fallbeispiele von Konflikten in die Hand, teilte uns in Gruppen ein und ließ uns knobeln. Und da wird dann schnell offenbar, welch gemeine Gemengelage in einem banalen Konflikt stecken kann. Zunächst mal muss man den Konflikt überhaupt erst erkennen. Allein die Tatsache, dass zwei Menschen nicht miteinander können, erklärt ja längst nicht alles. Und die schwarz-weiß gestellte Frage nach Recht und Unrecht, Schuld und Unschuld läuft auch meist ins Leere. Also: Wo liegt der Konflikt, wo liegen Versäumnisse, wie gehen die Konfliktparteien mit dem Konflikt um? Sind sie offensiv? Verstecken sie sich auf irgendwelchen Nebenkriegsschauplätzen, wird geschmollt oder Dienst nach Vorschrift gemacht? Lässt der Chef seine Führungsqualitäten spielen oder erweist er sich doch eher als Machtmensch und macht Druck, um so seine Führungsschwäche zu kaschieren. 
Martinas zweiter Tag gehörte mehr dem Verhandlungsgeschick. Auch da ging es darum, anhand von Fallbeispielen Positionen zusammenzuführen, die zunächst unversöhnlich schienen. Aber wenn sich die Verhandlungsparteien gegenseitig ernst nehmen, die jeweiligen Randbedingungen wirklich zur Kenntnis nehmen und wenn es nicht oberstes Verhandlungsziel ist, den andern über den Tisch zu ziehen, können unter Umständen am Schluss beide Kontrahenten süße Verhandlungsfrüchte ernten.

Mittwoch und Donnerstag gehörten – naja, wir müssen kein Quiz draus machen: Jawohl, Manfred Jost vom Integrationsamt in Saarbrücken. Seine Themen waren das Anerkennungsverfahren für den Schwerbehindertenstatus, das betriebliche Eingliederungsmanagement und das persönliche Budget.

Die Botschaft beim Anerkennungsverfahren: Halte dich als Schwerbehindertenvertreter dezent im Hintergrund und versuche nicht, Kompetenzen an dich zu ziehen, die du nicht hast. Denn der Arzt macht die Gutachten, aufgrund derer entschieden wird. Und wer sich da als SBV zu weit aus dem Fenster lehnt, kann mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften. Denn Verschlimmerungsanträge können auch dazu führen, dass hinterher weniger Prozente herauskommen. Denn immer kommt die gesamte Behinderungsgemengelage auf den Prüfstand, auch die Leitbehinderung, selbst wenn die gar nicht Gegenstand des Verschlimmerungsantrags gewesen sein sollte.

Fürs betriebliche Eingliederungsmanagement gilt: Vertrauensleute sollten ihre Arbeit von vornherein systematisch aufbauen. Kenntnisse über den Betrieb und die Anforderungsprofile der Arbeitsplätze sind wichtig und auch die Fähigkeitsprofile der schwerbehinderten Kollegen. Dazu gehört, neben einer Kopie des Ausweises auch den Bescheid des Versorgungsamts in Kopie zu haben. Regelmäßige physische Kontakte sollten dazu kommen, wenn dies die Betriebsgröße irgendwie zulässt. Eine Integrationsvereinbarung sollte abgeschlossen werden, die nicht nur Ideale, sondern auch Zuständigkeiten formuliert, und: die Ziele müssen immer wieder hinterfragt und neu definiert werden. BEM ist Daueraufgabe in einem Betrieb, da es nicht ohne Prävention funktioniert, also Kontakt mit den Betroffenen, Arbeitsplatzbegehungen usw.

Der Ansatz beim persönlichen Budget geht davon aus, dass der Betroffene selbst seine Problemlage und auch die möglichen Lösungen kennt. Der Träger prüft, salopp gesagt, nur noch die Kostenvoranschläge, die der Betroffene einreicht. Die Arbeitsassistenz ist im Grunde nichts anderes als ein persönliches Budget. Neu seit 2008 ist das trägerübergreifende persönliche Budget.

Eine Arbeitsassistenz muss länger als sechs Monate beschäftigt sein und darf nicht das Kerngeschäft erledigen. Will der Betroffene nicht die Verantwortung, Arbeitgeber sein zu müssen, tragen, sind häufig andere Ansätze sinnvoller, die aber unter dem Strich denselben Effekt haben: z.B. ein Lohnkostenzuschuss für die Hilfskraft nach §27 der Ausgleichsabgabenverordnung. Mehraufwändungen oder Lohnkostenzuschüsse für Minderleistung fließen dann an den Arbeitgeber und der zahlt sie an die Hilfskraft aus.

Was für die Assistenz gilt, gilt auch für andere Formen des persönlichen Budgets: Der Zeitraum muss sechs Monate und mehr sein und die Leistung muss steuerbar sein, d.h., der Behinderte muss wissen, was er braucht und wofür er es braucht. Um geistig behinderte Menschen nicht zu benachteiligen, kann diese Entscheidung auch mit Unterstützung getroffen werden, Kosten, die für den Unterstützer entstehen, können erstattet werden.

Bei Trägerübergreifenden Leistungen gibt es den so genannten „Beauftragten“, der das Verfahren in der Hand behält. In der Regel ist das der Träger, bei dem der Antrag auf Leistungen eingegangen ist.

Zwischen Antragssteller und Beauftragtem wird eine Zielvereinbarung geschlossen: Also welche Ziele werden mit dem persönlichen Budget verfolgt. Sie soll „SMART“ sein also: spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch und terminiert. (Also dieselben Ansprüche wie bei den Integrationsvereinbarungen.)

Natürlich war das jetzt keine konsequente Zusammenfassung aller Referate – soll es auch nicht sein, denn wer Appetit bekommen hat, soll sich ja im kommenden Jahr selbst auf den Weg machen. Und wem Kirkel auf die Dauer zu weit ist, dem sei gesagt „ganz ruhig, Brauner, vielleicht wird’s ja im nächsten März anderswo hingehen“.