Bericht über das iPhone-Seminar 2018

Ein so intuitiv bedienbares Programm und Gerät wie das iPhone: Was muss man dazu denn erst noch lernen?
Intuitiv? Ja, aber erstmal nur für sehende Nutzer - wärend der blinde Nutzer die Möglichkeiten und Eigenschaften von Gerät und Software immer erst zusammen mit dem erfährt, was ihm sein Bildschirm-Vorleseprogramm VoiceOver ansagt.
Und dabei bekommen blinde Nutzer nie den Überblick über den gesamten iPhone-Bildschirm.

Gestern war der eintägige iPhone-Kurs für iPhone-Nutzer mit Vorerfahrung, den Werner Sänger und sein Schwiegersohn Daniel für BOB in Ravensburg mit fünf blinden iPhone-Nutzern durchführte.

Petra Schnierle vom BW-Landesblindenforum hatte die Organisation übernommen, die AOK Ravensburg finanzierte, und das neu eröffnete KUV-Haus stellte die Räume mit Stromanschluss im Konferenztisch und WLAN für uns alle.

Weil kein festes Kursprogramm vorgegeben war, wurde alles spontan abgesprochen, und die beiden Referenten stürzten sich in die Themenvielfalt, wobei sich erst mitten im Kurs heraus stellte, wie unterschiedlich und teils auch recht lückenhaft unsere Vorkenntnisse waren - nicht zu sprechen von einem mit Braille-Display, einer Teilnehmerin mit zu nutzendem Sehrest und mit zwei Betriebssystem-Varianten.
Ich hatte zwar unter uns Kursbesuchern schon Wochen vorher einen Informationsaustausch angekurbelt, damit BOB über unsere Voraussetzungen und Wünsche informiert würde, so dass die Referenten ahnten, was auf sie zukam; aber das konsequente Ausgrenzen von in diesem Rahmen nicht bewältigbaren Nutzungsformen war der erste Schritt zum Erfolg!

Entlang der Möglichkeiten im Bereich "Einstellungen" erkannte jeder von uns, wie lückenhaft seine Kenntnisse übers iPhone und seine Nutzungsmöglichkeiten waren.
Rotor, Umsortieren, Umbenennen, Text eingeben und korrigieren, das war der Kursinhalt des Vormittags. Und es war nicht nur VoiceOver, das wir gründlich kennen lernten, sondern auch so manche Eigenschaft des Betriebssystems, die uns bisher entgangen war. Wir hatten bislang halt genutzt, was uns "vor die Finger" und "zu Ohren" kam; aber dabei war uns so manches entgangen, dessen Kenntnis uns jetzt aufatmen ließ.

Petra organisierte zur Mittagspause einen Imbiss, doch die Köpfe an den Tischen im großzügigen Aufenthaltsraum rauchten auch bei abgeschaltetem iPhone in den Gesprächen weiter.

Die Referenten gingen am Nachmittag auf zwei für blinde Nutzer recht typische Anwendungsprogramme ein: Den DB-Navigator als Fahrplanprogramm und WhatsApp als Kommunikationsprogramm.
Dabei standen nicht die Anwendungen selber, sondern ihre Besonderheiten für VoiceOver-Nutzer zur Diskussion.

Ich war bislang über das Programmteil "Notfallpass" in der Gesundheits-App Health hinweg gegangen, weil ich nicht wusste, dass ein solcher Notfallpass auch dann auf dem iPhone sichtbar wird, wenn ein Helfer sich ohne Zugangsberechtigung den Einschaltbildschirm anschaut. Das pack ich gleich in nächster Zeit an, denn im Falle des Falles wär das sonst wohl zu spät!
Man wird doch viel zu leicht vom Werbungs-Dampfplauderern daran gehindert, die wirklich hilfreichen und wichtigen Eigenschaften zu erkennen, die Apple seinen Geräten mitgibt.

Eindeutig aus dem Kursinhalt ausgegrenzt wurde die Fußgängernavigation, wobei ausführlich auf deren Problemsituationen eingegangen wurde. Mag sein, dass ein BOB-Kurs einmal alle theoretischen Kenntnisse vermitteln wird; jedoch werden praktische Erfahrungen im Straßenraum immer ein Grenzfall der Kenntnissvermittlung bleiben.

Dass ich viele meiner bisherigen Bedienprobleme gestern nicht gelöst bekam, das finde ich gar nicht frustig, denn ich hab ja jetzt gelernt, mit welchen Mitteln ich sie mir selber lösen kann und worauf ich dabei zu achten habe.
Der Kurs gestern war also eine echte "Hilfe zur Selbsthilfe"!
Seither spitze ich meine Ohren, um keinen hilfreichen Signalton meines iPhones zu verpassen.

Ob und wann BOB nochmals einen ähnlichen Kurs anbieten wird, das steht in den Sternen. Aber ich gönne allen iPhone-Nutzern, einmal einen solchen BOB-Kurs mitzumachen!

Zu guterletzt noch ein Tipp von Daniel an alle iPhonler mit gutem Sehrest:
Ein Apple-TV ab Version 3 aufwärts gibt Euch die Möglichkeit, Euren iPhone-Bildschirm fernsehfüllend auf dem am Apple-TV angeschlossenen Fernseher zu sehen. Sowas gibt’s bei Ebay für ab 30 €.
Aber: Auf dem Fernsehr rumtippen gibt nur tolle Fingertappen, aber keinerlei Bedienerfolge!

Es grüßt
Franz Erwin aus Aulendorf